Beispiel für die Häkchenbewertung
von Katja Schlichenmaier
Bei der Beschäftigung mit einem Arbeitsauftrag zum 2er-System in meiner 5. Klasse erhielt ich zwei besonders aussagekräftige Antworten zur letzten Frage, der sogenannte Rampe. Die Aufgabenstellung dazu lautete:
Rampe: Kannst du etwas über Stellenwerte im 2er-System herauskriegen? Wie addiert man wohl zwei Zahlen im 2er-System?
Was ist eine "Rampe"?
Rampe heißt, dass du vor allem drangehen solltest, wenn dir das andere langweilig vorkommt oder du einfach noch mehr machen möchtest. Da kannst du dich abheben und austoben! Du kannst solche Teile aber auch ohne weiteres weglassen.
(Auszug aus einem Arbeitsauftrag zum Binärsystem)
Beide Schüler hatten den Arbeitsauftrag intensiv bearbeitet - es handelte sich hierbei um die Schülerin Petra und den Schüler Paul - und erhielten die beste Bewertung (4 Häkchen), obwohl ihre Erklärungen der Rampe sehr unterschiedlich sind.
Paul beschreibt dabei den regulären Weg und gibt eine ausführliche Erklärung mitsamt einem Beispiel an. Er zeigt also seine Lösung im Rückblick - ohne allerdings bekannt zu geben, wie er auf diese Lösung kam. Pauls Weg zur Lösung bleibt also im Dunkeln und wird nicht verraten.
Petra dagegen schildert ein Problem. Sie bemerkt, dass sie durch die direkte Addition von zwei Einsen eigentlich eine Zwei erhalten müsste, die es im Binärsystem aber nicht gibt. Dadurch zeigt sie, dass sie das Problem im Kern erfasst. Ihr Schluss, indem sie einfach per Definition festlegt, welche Zahlen addiert werden dürfen, ist eine für sie stimmige und logische Konsequenz, um das Problem zu lösen und lässt allerdings auch schon ein sicheres Gespür für durchaus übliche Vorgehensweisen in der Mathematik erkennen...
An diesen beiden Beispielen erkennt man, dass bei einer Wegbewertung durch Häkchen im Gegensatz zu einer Produktbewertung weniger normierte Standardlösungen oder Reproduktionen derselben gefragt sind, sondern vielmehr die singulären Erfahrungen jedes Kindes.
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